Mittwoch, 10. Dezember 2008

Avantgarde - Kunst als Prophezeihung

Bilder von Polizisten mit Schutzschildern, Helmen, Knüppeln. Feuer, aufbrausend wie Wille, Wut, Widerstand. Glühendes Metall der Karosserien, blutrote Hausfassaden, vermummte Gestalten, schwarz, flüchtig, zornig wie fliehende Schatten. 
Bilder vermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt, einem Molekül der Zeit, einem Partikel des künstlichen Universums, das wir Geschichte nennen, weil wir es uns nicht besser erklären können, eine Energie, Kraft zu transportieren, direkt einen Nerv zu treffen. 
Das waren die Bilder aus den Vororten von Paris, grellgolden, pechschwarz, nachtblau, blutrot, beleuchtet von Polizeisirenen. Totgeschwiegen von den Medien, erstickt im Schwall grellbunter Werbung, Sex, Konsum, Dekadenz, Stumpfheit, Lüge.
Avangarde trifft den Nerv, bevor der Nerv der Zeit die Menschen trifft. In blinder, schlafwandlerischer Sicherheit zergeht der Künstler in Massenempathie, die ganze Welt, das Universum, den Kosmos und jedes seiner Partikel liebend bis zum Wahnsinn. Das ist Avantgarde, ein prophetischer Prozess. Alles andere ist Dokumentation. 

Montag, 8. Dezember 2008

Griechenland - Protest vs. System

Eine Welle, Flut, Orkan des Protests wird sich in Europa ausbreiten. Der Protest gegen die Kontrolle durch den Staat, Terrorherrschaft der Polizei, Verknappung der Bildung, Verdummung der arbeitenden Massen, heranwachsender Klassen. Immer größer klafft die Lücke im System unserer Gesellschaft, zwischen denen, die viel, immer mehr,  und denen, die wenig, immer weniger, besitzen. 
Chaoten, heisst es in den Nachrichten, heizten die Proteste in Griechenland an, dabei wären die Protestler reiche Kinder, aus gutem Hause, was machen sie auf den Straßen? 
In unserem goldkalbenden Utopia, der perfide goldberauschten Sphäre der omnipotenten Überproduktion, gibt es keine Berechtigung auf Meinung, Überzeugungen, Kritik, Protest. Keinen Grund, tönen die Autoritäten in den Medien, Bildungsinstitutionen, Familien. Euch geht es doch so gut. Ja, es geht uns gut, so gut, dass ein Polizist einen Fünfzehnjährigen sofort aus dem Weg räumt, weil er unser perfekt, immer perfekter funktionierendes System stören könnte
Und plötzlich ist sie da, wie ein Schwall Befreiungsschläge, die Wut, auf die wir jahrzehntelang kein Recht mehr hatten, für die es niemals einen Grund gab. 
Es wird höchste Zeit, und nicht nur die Jugend ist es, die sich auflehnt, Symbole der Lüge, der Kontrolle, der Korruption, der Ungerechtigkeit und Ausbeutung besetzt wie eine längst überfällige Seuche der Wahrheit, nein, auch Arbeiter, Familien, alte, junge Menschen in ganz Europa stehen auf, zeigen Flagge, Meinung, Rebellion, Aufstand. 
Wir stehen erst am Anfang, ganz Europa hat sich kreuzbrav nach amerikanischem Vorbild selbst in die Krise manövriert, und die Auswirkungen auf die Finanzen  ist nichts als eines der Symptome, ein Glied in der Kette von Reaktionen auf eine rücksichtslose Poltik, hemmungslose Anbetung des Mammon, pseudoliberale Ausbeutung. Wir befinden uns im Strudel der Krise des Geistes, der Aufklärung, der Gerechtigkeit, der Menschlichkeit. 
Griechenland ist nur der Anfang. 

Samstag, 6. Dezember 2008

Mein Raum - nach den Regeln des Marktes

Mein Raum funktioniert nach den Regeln des Marktes. 

Marktplatz Meinraum. Die Privatisierung unserer Gefühle, Kommunikation, Illusion, Emotion. Jugend im System des Netzes, System Marktplatz. Privatisierung von Jugend, Privatisierung der Liebe.
Ich möchte dich erreichen, doch wenn ich dir meine Gefühle, ehrlich, direkt, durch Tausend Milliarden Filter hindurch schicke, in meinen ehrlichen Worten, gefühlten Worten, verwandelt in durchlässige, fahrige, flüchtige Pixel, so kommt es bei dir an als bedrängende Belästigung, ein Regelbruch, Einbruch in deine Privatsphäre, die längst verwandelt ist in einen Marktplatz, auf dem die Pixel regieren, bunt, hektisch, aufgeblasen und leer, Musik, Überreizung, Flow, der dich stumpf macht, der Marktplatz, auf dem Regeln der Aufmerksamkeit gelten, von Nachfrage, künstlicher Verknappung, Werbung, ästhetischem Reiz, Anzeige, Banner, die dich in Ihren Bann ziehen sollen.
Ich bin ein Stalker, wenn ich dich liebe. 
Ich kann eine Anzeige aufgeben, um meinen Status anzuzeigen. 
Vielleicht kann ich dich so erreichen. Ich weiß nicht, was ich damit erreichen werde, kann keine Prognose stellen, und erst recht kein Kundenprofil, auch wenn du ein Profil aus schwarzen und weissen und grünen Pixeln hast.
Aufmerksamkeit alleine, Massen von Pixeln, Informationsfluss im stetigen wabernden betäubenden Flow, Massen an Bildern, Massen an Waren, Menschen als Waren, Massenware, Konsum, gut, Konsumgut wie Strandgut, in Fluten, surfen auf immer höheren Wellen, mächtige Gezeiten, allmächtige, all das nährt uns nicht, macht mich und dich und uns alle nur noch mehr zum Sklaven, zum Leibeigenen, Partikel, Zellen im Leib des Omnikapitalismus.